Weibliche Harninkontinenz – (k)ein Tabuthema?
Prim. Dr. Wolfram, Vorstand der Abteilungen für Gynäkologie und Geburtshilfe an den Klinikstandorten Waidhofen/Thaya und Zwettl, ist Spezialist für Inkontinenzbehandlung.

Prim. Dr. Gerhard Wolfram und OÄ Dr. Eva Rößler im Landesklinikum Zwettl bei der Befundbesprechung einer urodynamischen Messkurve.
Das Tabuthema Inkontinenz beschäftigt wohl mehr Menschen, als man vermuten möchte. Gibt es konkrete Informationen, wie viele Frauen davon betroffen sind? Harninkontinenz ist ein medizinisches und gesellschaftliches Problem, es wird gerne verschwiegen oder verheimlicht, oft scheuen sich die Betroffenen auch den Arzt oder die Ärztin damit zu konfrontieren. Das Symptom Harninkontinenz betrifft größtenteils Frauen, in Österreich sind circa 850.000 Frauen davon betroffen. Diejenigen, die das Problem mit dem Harnverlust nicht lösen können, sind nicht nur von den medizinischen Nebenwirkungen der Inkontinenz (Hautreizungen, Infektionen) belästigt sondern ziehen sich auf oftmals aus dem sozialen Leben zurück. Was können Sie als Spezialist nun gegen dieses stark belastende Leiden unternehmen? An wen kann ich mich als Betroffene wenden? Moderne Inkontinenzbehandlung beschäftigt sich zuerst mit einer differenzierten Diagnostik, das heißt, es muss die Ursache des Harnverlustes genau festgestellt werden. Dazu werden verschiedene Untersuchungen verwendet die zum Teil in der Praxis des niedergelassenen Arztes/Ärztin durchgeführt werden können, andererseits gehören auch Untersuchungen dazu die im Krankenhausbereich durchgeführt werden. Die einfache Diagnostik beginnt beim Test auf Harnwegsinfektion und reicht über die gynäkologische Untersuchung zur Erkennung einer Senkung bis zur urodynamischen Abklärung der Harnblase und Harnröhre. Sollte hinter der Inkontinenz z.B. ein Polyp der Harnblase oder ein Steinleiden der Harnwege stehen so ist die Behandlung durch den Urologen notwendig. Gibt es Formen von Harninkontinenz, die auch ohne Operation behoben werden können? Die gynäkologische Untersuchung gibt bei der weiblichen Inkontinenz schon entscheidene Hinweise auf die Ursache – viele Frauen leiden unter einer Senkung der Scheide und der Harnblase. Eine solche Senkung kann verschiedentlich behandelt werden kann - die wichtigste und erste Möglichkeit ist die Trainingsbehandlung mit Physiotherapie und Beckenbodengymnastik - hier profitieren viele Frauen mit einer Verbesserung oder sogar einer Heilung der Beschwerden. Was tun wenn das alles nichts nützt? Wie wird dann behandelt? Sollte diese Trainingsbehandlung keinen Erfolg bringen, so sollte über eine operative Behandlung nachgedacht werden, hier existieren verschiedene Formen von Senkungsbehandlung. An erster Stelle stehen hier die Bänder die unter der Harnröhre in Kurznarkose eingelegt werden (TVT- oder TOT-Band), diese Methode hat eine sehr gute Effektivität , nach fünf Jahren sind über 90 Prozent der Frauen von der Inkontinenz geheilt. An zweiter Stelle stehen heutzutage die klassichen Operationsverfahren zur Senkungskorrektur die sowohl von der Scheide aus („Kolporrhaphie“) als auch vom Bauch („Burch-Kolposuspension“) aus angewendet werden können. Die Bauchspiegelung als minimal invasive Methode der Operation wird ebenfalls in der Inkontinenz- und Senkungsbehandlung verwendet, hier kann z.B. ein Netz zur Anwendung kommen. Netze sind Kunststoffimplantate – diese sollten aber erst bei wiederkehrender Inkontinenz – also bei erfolgloser Erstoperation in Erwägung gezogen werden. Mit Inkontinenz sollte man sich rechtzeitig zur Untersuchung begeben, denn Frühstadien sind leicht und erfolgreich mit physikalischer Therapie behandelbar, fortgeschrittene Inkontinenzprobleme sollte man nicht anstehen lassen, weil sich durch eine „Nichtbehandlung“ auch Nieren- und Harnblasenschäden ergeben können. Wen kontaktiere ich, möchte ich mehr zu diesem Thema wissen? Bei Inkontinenz fragen Sie bitte Ihre(n) Hausarzt/ärztin oder Ihre(n) Frauenarzt/ärztin, sollte eine spezielle Fragestellung vorliegen, kann die Ambulanz einer gynäkologischen Fachabteilung weiterhelfen. Die Gynäkologische Ambulanz im Landesklinikum Zwettl ist von Mo-Fr 8:00-11:00 geöffnet.





