Der Umdenker
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Als Regionalmanager des Weinviertels hat DI Jürgen Tiefenbacher besonders das Wohl der Mitarbeiter im Auge.
Die neue Weinviertel-Autobahn, die A5, spielt ihm in die Hände: Sie macht die zweigeteilte Versorgungsregion Weinviertel zu einer Einheit, weil die Patienten leichter die Kliniken erreichen können. Das hügelige, weite Land am äußersten Rand der Republik wird so langsam zum gut strukturierten Lebensraum – und wächst als Versorgungsregion zusammen: Die Kliniken entwickeln immer deutlichere eigene Profile mit eigenen Schwerpunkten, wie zum Beispiel das LK Hollabrunn mit der Adipositas- Chirurgie und dem langjährigen Vorzeigeprojekt Psychiatrische Tagesklinik. Oder Stockerau mit dem Schwerpunkt Rheumatologie. Oder Korneuburg mit unter anderem dem Schwerpunkt Handchirurgie. Oder Hainburg mit dem entstehenden Schwerpunkt Hand- und Schulterchirurgie. Oder Mistelbach, dem Schwerpunktklinikum der Region, das durch umfassende Zu- und Umbauten auf den neuesten Stand gebracht wird, inklusive der modernen Tagesklinik in Gänserndorf. So lässt sich langsam für jedes Klinikum in der Region ein eigenes starkes Profil erstellen, und es gibt für alle Häuser eine gute Perspektive. Dass Regionalmanager DI Jürgen Tiefenbacher ausgerechnet diese Region verantwortet, war eher eine zufällige Entscheidung. Der 41-jährige gebürtige Waldviertler absolvierte die HAK in Krems, studierte an der TU Wien Informatik und interessierte sich schon damals fürs Gesundheitssystem: Sein Wahlfach war medizinische Informatik, und bald studierte er voll Neugier am großen Wiener AKH am Institut für medizinische Computerwissenschaften (IMC). Danach wechselte er in die Unternehmensberatung und landete schließlich bei Capgemini im Bereich Public Services und Gesundheitswesen. Eine spannende Zeit für den jungen Mann – arbeiten in internationalen Netzwerken, weite Welt, und doch meist zu Hause. „In Wien war nur ein kleines Team. Ich war der Österreich-Vertreter für den Bereich Gesundheitswesen und öffentliche Verwaltung.“ Damals wurde in der NÖ Landeskliniken-Holding gerade Weinviertel-Managerin Dr. Andrea Kdolsky zur Holding-Geschäftsführerin berufen, das Regionalmanagement Weinviertel wurde ausgeschrieben, Tiefenbacher bewarb sich auf gut Glück – und bekam den Job.
Sicherheit für die Patienten
Schon lange hat sich Tiefenbacher gut eingearbeitet und schätzt, was die NÖ Landeskliniken- Holding von anderen Gesundheitsanbietern unterscheidet: „Monopole haben ihre negativen Seiten“, weiß der sportliche Regionalmanager, aber in der Gesundheitsversorgung sei es sehr positiv, dass es nur einen einzigen Kliniken-Betreiber gibt. Dadurch müssten die Kliniken in Niederösterreich nicht untereinander um Patienten konkurrieren. „In den anderen Bundesländern geht es oft darum, möglichst viele Patienten zu lukrieren. Das ist ein großer Druck für die Kliniken und für die Mitarbeiter, die medizinische Entscheidungen manchmal auch nach diesem Kriterium fällen.“ In den Köpfen der Mitarbeiter laufe ständig der Fragenkatalog, was für das jeweilige Haus am besten sei – den Patienten ambulant oder stationär zu behandeln, tagesklinisch oder nicht, für Auslastung zu sorgen, damit das Haus möglichst viel Geld bekomme. „Durch die Konkurrenz schaukeln sich die Krankenhäuser gegenseitig auf, um noch tollere, spezifischere Angebote zu machen. Für den Patienten ist es bei uns sicherer, weil sich die Kliniken nicht auf Kosten der Qualität profilieren müssen und nur anbieten, was sie wirklich können.“ Doch aus seiner täglichen Erfahrung weiß er, dass in den Köpfen der Mitarbeiter die alten Muster oft noch sehr präsent sind, die in den Zeiten als Gemeindespital notwendig waren, jetzt im Holding- Verband aber in die falsche Richtung gehen. „Statt um Menge, Auslastung und Punkte geht es heute um Qualität und Zufriedenheit“, betont Regionalmanager Tiefenbacher. Das passende Werkzeug dafür ist die Balanced Scorecard (BSC). Und jede Führungskraft, ob in der Pflege oder Ärzteschaft, müsse lernen, mit den vorhandenen Mit teln auszukommen. „Wir tun die Dinge richtig, das können wir, das tun wir jeden Tag. Aber wir müssen noch mehr darauf schauen, wirklich die richtigen Dinge zu tun. Wir müssen die alten Strukturen hinterfragen. Das ist die absolut schwierigste Übung. Wir können nicht alles anbieten. Aber dafür das, was wir tun, mit hoher Qualität tun – wie zum Beispiel beim Thema Adipositas.“
Fokus auf die Mitarbeiter
Wobei für Tiefenbacher ein ganz wesentlicher Aspekt in der Arbeit mit dem Management-Instrument Balanced Scorecard die Mitarbeiter-Perspektive ist: „Wir müssen uns intensiv um die Zufriedenheit der Mitarbeiter kümmern, denn in vielen Bereichen werden wir in Zukunft Nachwuchssorgen haben.“ Deshalb setzt Tiefenbacher auf die Mitarbeiter-Befragungen, die in seinen Kliniken 2011 auf dem Programm stehen. Und ist schon sehr gespannt auf die Ergebnisse. Nicht, dass er sich vor Überraschungen fürchtet. Aber er will weitertun, will gezielt verbessern, wo es nötig ist. Viel Arbeit also noch, die er zu bewältigen hat.
Tiefenbacher privat
Die Kraft dafür sammelt er in seinem Privatleben. Der gebürtige Waldviertler lebt mit seiner Lebensgefährtin in Wien. Er liebt das Waldviertel, die Wachau, Krems ganz besonders. Fit hält er sich mit Laufen im Türkenschanzpark, fährt gerne Schi und spielt Tennis – das er lange in Gföhl als Mannschaftssport betrieben hat. Fotografieren und Lesen zählen zu seinen Hobbys; psychologische Inhalte interessieren ihn, Paul Watzlawick und Viktor E. Frankl gehören zu seinen Sachbuchlieblingen, Stefan Zweig liest er besonders gern. Seine große Liebe aber ist die Musik. Er singt in einer Band mit erfahrenen Musikern, tritt damit bei Geburtstagen, Hochzeiten und diversen Festen auf und spielt auch selbst Klavier. Sein großes Ziel: So gut spielen zu können, dass er seinen Gesang selbst begleiten kann, zum Beispiel den „G’schupften Ferdl“. Dave Brubeck, Santana, Latin Jazz, Blues Brothers – Jazz, Rock, Blues sind die Schlagworte, fragt man nach seinen Lieblingen. Und die Kabarett- Helden der 50er und 60er. Qualtinger, Bronner, Pirron & Knapp mit dem „Tröpferlbad“. Wenn man da zuhört, ist man gleich in einer ganz anderen Welt. Gut zum Krafttanken und Entspannen. Riki Ritter-Börner
+++ Erschienen in der Ausgabe GESUND + LEBEN INTERN 05/2010 +++






