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Der Rekordmann

Anton Floh, IT-Techniker im Universitätsklinikum Tulln, hat als erster Österreicher den Ärmelkanal durchschwommen.


Foto: Birgit Geissler, J. Pricken Photography

Frisch schaut er aus, und jugendlich. „Das macht das viele kalte Wasser“, lacht Anton Floh. Der 44-Jährige durchschwamm am 24. August 2014 als erster Österreicher den Ärmelkanal zwischen England und Frankreich. Es war ein Mega-Vorhaben: 34 Kilometer im 15 Grad kalten Wasser, dazu teils sehr hoher Wellengang, Quallen und Treibgut waren die Herausforderungen für den Tullner. Zwölfeinhalb Stunden brauchte er für die Strecke. Um 11 Uhr Ortszeit ging’s in Dover (England) los, um 23:30 Uhr erreichte er die französische Küste.  

Gefahren im Wasser

Begleitet wurde Anton Floh von einem Boot mit drei Crewmitgliedern, einem Mitarbeiter der Channel Swimming Association (CSA) und seiner Lebensgefährtin Birgit Geissler. Die CSA überwacht die Überquerung und das Einhalten der Regeln. Und das Reglement ist streng: Erlaubt sind nur Badehose, Schwimmbrille und Badehaube, der Schwimmer darf weder das Boot noch Personen berühren. Was auch die Versorgung zu einem Abenteuer macht: Seine Lebensgefährtin reichte ihm halbstündlich vom Boot aus mit einer Teleskopstange Getränke, Tee, Suppe, Bananen – „alles, was man nicht viel kauen muss“, erklärt Floh.
Haie kamen ihm zum Glück nicht in die Quere – „die gibt’s dort nur sehr selten“, sagt Floh –, aber eine Qualle machte ihm zu schaffen, streifte ihn am Oberarm. „Es brannte zwar, aber ich war am ganzen Körper dick mit Vaseline eingecremt, zum Schutz gegen die Kälte, daher war der Schmerz auszuhalten.“ Um so ein Vorhaben durchzusetzen, darf man ohnehin nicht zimperlich sein.

Passionierter Schwimmer

Seit einigen Jahren ist Anton Floh passionierter Schwimmer, geht abends mehrmals wöchentlich seinem Lieblingssport nach. Er nahm an einigen Wettbewerben teil, unter anderem am 24-Stunden-Schwimmen in Bad Radkersburg, das er auch einmal gewann mit einer erschwommenen Strecke von 83,5 km. Im Jahr 2010 kam ihm bei einer Veranstaltung am Zürichsee erstmals der Gedanke an die Ärmelkanaldurchquerung. Dieser Gedanke reifte, bis er schließlich immer konkreter wurde.

Spezielles Training

Rund ein Jahr lang bereitete sich Anton Floh intensiv auf den Ärmelkanal vor, am Programm standen Kaltwasser-, Meerwassertraining und Training bei Nacht. „Wurde im Sommer das Tullner Aubad zu warm, ging’s weiter an die Donau oder an kalte Seen“, sagt der Rekordschwimmer. Einige Male fuhr er auch ans Meer, um sich ans Salzwasser zu gewöhnen. All das schaffte er neben seinem Vollzeitjob in der IT-Abteilung im Universitätsklinikum Tulln. „Eine Menge Freizeit und Urlaub gingen dafür drauf, aber es hat sich ausgezahlt“, meint Floh erleichtert.

Medienrummel

Anton Floh wirkt gelöst, zufrieden, gleichzeitig aber leicht angespannt – der Medienrummel ist ihm nicht geheuer. Beiträge und Interviews in allen Tageszeitungen, ein Bericht auf ORF, ein Auftritt auf Puls4 – „das ist nicht so meins“, meint er bescheiden.

Der Ärmelkanal

Der Ärmelkanal ist an der schmalsten Stelle (der „Straße von Dover“) zwischen Dover (England) und Calais beziehungs­weise Cap Gris-Nez (Frankreich) knapp 34 Kilometer breit.
Jährlich versuchen viele Schwimmer, den Kanal zu durchqueren.
Der Kanal ist jedoch mit 500 Schiffen pro Tag eine der meist-befahrenen Wasserstraßen der Welt, was für Schwimmer zum Teil sehr schwierig sein kann. Erstmals offiziell durchschwommen wurde der Ärmelkanal am 24. und 25. August 1875, also exakt 139 Jahre, bevor der Tullner Anton Floh den Kanal im Jahr 2014 als erster Österreicher durchschwamm.
Der Engländer Matthew Webb benötigte im Jahr 1875 für die Strecke von Dover nach Calais 21 Stunden und 45 Minuten. Vor 80 Jahren schwamm die Österreicherin Emma Faber von Frankreich nach England. Die CSA wollte das aber nicht offiziell anerkennen, denn der Streckenverlauf muss von England nach Frankreich führen.
Quelle: noe.orf.at