< vorhergehender Beitrag

Neues Berufsbild Servicekraft

Da im LK Waidhofen/Ybbs weniger Turnusärzte zur Verfügung stehen, übernimmt die Pflege zusätzliche Aufgaben – und muss deshalb entlastet werden. Dabei helfen Servicekräfte.


Servicekraft Gabriele Burgstaller (r.) mit DGKS Ulrike Hofer, Stationsleitung Bettenstation 1

Servicekraft Gabriele Burgstaller mit DGKS Heidrun Rohrauer, Stationsleitung Bettenstation 4

„Die Rolle der Pflegekräfte im Klinikum ändert sich, und damit ändern sich auch die Abläufe.“ Pflegedirektorin DGKS Doris Fahrnberger-Schober, MSc

„Die Organisation der neuen Servicekräfte in einem Pool unter einer eigenen Leitung gewährleistet ein einheitliches Leistungsprofil und eine strukturierte Personalrotation samt Ausfallsmanagement.“ Kaufmännischer Direktor Mag. (FH) Martin Kaiser

Christine Bichler leitet den Pool der Servicekräfte im LK Waidhofen/Ybbs.

DGKS Eva Kainz, MSc, Pflegedirektorin im Universitätsklinikum Tulln

Gabriele Burgstaller lädt in der Küche ein fertiges Essenstablett nach dem anderen in den großen Transportwagen. „Aufrüsten“ heißt dieser Arbeitsschritt, hier hat die Küche bereits genau nach Plan der Diätologinnen und Wunsch der Patientinnen und Patienten die Menüs zusammengestellt. Burgstaller führt den Wagen auf die Bettenstation 1, wo sie den Patientinnen und Patienten die Tabletts ans Bett bringt.

Gabriele Burgstaller ist eine von derzeit neun Servicekräften, die im LK Waidhofen/Ybbs in einem Pool organisiert sind. Zwei dieser neun Damen waren davor Heimhelferinnen, andere im kaufmännischen Bereich tätig. Pool-Leiterin Christine Bichler selbst arbeitet seit 2008 im Landesklinikum, anfangs im Med-Depot, das sie ab 2013 leitete. Dieses ist durch die Anbindung ans Logistikzentrum in St. Pölten nun deutlich reduziert. Seither organisiert Bichler die Servicekräfte, damit diese an 365 Tagen im Jahr die Stationen unterstützen. Im LK Waidhofen/Ybbs möchte man die Qualifikationskaskade besser nutzen und Tätigkeiten verlagern. „Delegierbare ärztliche Tätigkeiten wurden bereits seit Jahren von der Pflege übernommen“, sagt Pflegedirektorin DGKS Doris Fahrnberger-Schober, MSc, über ein Pilotprojekt, das 2008 gestartet wurde: „In Zukunft werden Pflegekräfte jedoch weitere Tätigkeiten, die nicht zwingend von Ärzten durchgeführt werden müssen, übernehmen und dafür nicht pflegerische Tätigkeiten an die Reinigung bzw. an die Servicekräfte delegieren.“

Umgewidmete Pflege-Dienstposten

Christine Bichler schult neue Servicekräfte für alle logistischen Tätigkeiten ein, auf den einzelnen Stationen übernimmt diese Aufgabe das dortige Team. Denn jede Servicekraft muss sich auf jeder der Bettenstationen zurechtfinden und die jeweiligen Gepflogenheiten kennen. „Das Einschulen ist eine schwierige Aufgabe. Aber der Pool hat den Vorteil, dass jede Kraft überall eingesetzt werden kann“, sagt Bichler. Das einheitliche Leistungsprofil der Servicekräfte ermöglicht die Personalrotation samt Ausfalls-Management. Wichtig im Alltag ist die Kommunikation mit den einzelnen Servicekräften, betont DGKS Ulrike Hofer, Leiterin der Betten­station 1, die gerade mit Servicekraft Gabriele Burgstaller bespricht, wie der Wäschewagen aufgerüstet werden soll. Natürlich müsse jede neue Servicekraft sich erst an die Gepflogenheiten in den einzelnen Stationen gewöhnen, sagt Hofer.
Seit dem Vorjahr läuft das Projekt Servicekräfte in Waidhofen/Ybbs. Einerseits soll dabei delegiert werden, was möglich ist, andererseits soll ausprobiert werden, wie man die anstehenden Aufgaben sinnvoll umverteilen und neu ordnen kann. Denn bei der Analyse der Arbeit der Pflege vor dem Projektstart entfiel damals etwa ein Drittel der Arbeitszeit auf Logistik, Service- und Unterstützungsleistungen.  „Die Servicekräfte müssen gut mit den Patienten kommunizieren können“, erklärt Stationsleitung Hofer. Denn Servicekräfte dürfen alle hauswirtschaftlichen Tätigkeiten übernehmen, bei denen sie die Patienten nicht direkt berühren. So klären sie mit den Patienten die Menü-Wünsche, bringen ihnen das Essen, versorgen die Blumen oder schauen, dass Getränke wie Tee und Wasser auf den Stationen bereit stehen.
Für DGKS Heidrun Rohrauer, Stationsleitung der Bettenstation 4, ist die Umstellung auf Servicekräfte ein komplexer Schritt: „Servicekräfte sind eine neue Berufsgruppe und mit ihnen entstehen für uns komplett neue Abläufe.“ Die Stationsleitung weist mit ihrem Team neue Servicekräfte in die Gepflogenheiten der jeweiligen Station ein.
„Wir müssen in die Einschulung investieren und immer wieder mit den Servicekräften die Arbeit besprechen.“

Qualifikationskaskade nutzen

Die spannende Frage lautet: Welche Leistungen müssen von wem mit welcher Qualifikation zu welcher Zeit erbracht werden? Der Kaufmännische Direktor Mag. (FH) Martin Kaiser erklärt: „Mit dem Herauslösen der klassischen Serviceleistungen aus dem Bereich der Pflege gelingt uns nachweislich eine Entlastung der Pflegekräfte auf den Stationen.“ Qualifikationskaskade heißt also auch, dass es nicht weniger Pflegepersonen werden, sondern eine Verschiebung der Dienstposten stattfindet. Ziel ist, eine bessere Patientenversorgung und -sicherheit zu gewährleisten. „Mit einer Verteilung von 75 Prozent Diplomiertes Personal, 15 Prozent Pflegehilfe und zehn Prozent Servicekräfte sind  wir auch für die neuen Entwicklungen im Rahmen der GuKG-Novelle gut gerüstet.“ Der Qualifikationsmix hat natürlich auch wirtschaftliche Vorteile. Die daraus resultierenden Veränderungen im Stellenplan erarbeitete die Klinikleitung gemeinsam mit der Geschäftsführung der NÖ Landeskliniken-Holding und der Personalstelle LAD2B des Landes NÖ.

Umdenken erwünscht

Pflegedirektorin Doris Fahrnberger-Schober weiß, dass die Stationsleitungen lieber ihnen zugeteilte Servicekräfte hätten. Für sie ist die Einführung von Servicekräften eine logische Folge der Akademisierung der Pflege: „Dadurch ändert sich ihre Rolle im Klinikum, und damit ändern sich auch die Abläufe. Die Pflege muss dafür interdisziplinär mit allen Beteiligten gut zusammenarbeiten und gleichzeitig ihren Blick für die Prozesse schärfen, damit sie ihrem akademischen Ausbildungsprofil gerecht wird.“ Und genau darum gehe es ihr auch, wenn die Servicekräfte in einem Pool organisiert sind: „Die Änderungen der Stationsabläufe müssen natürlich nach allen Regeln der Führungskunst begleitet werden. Die Stationsleitungen sind die treibenden Kräfte für die Modernisierung im Pflegebereich. Und das ist bis jetzt aus meiner Sicht hervorragend gelungen!“

 

Was Servicekräfte im LK Waidhofen/Ybbs tun


Servicekräfte entlasten die Station von „pflegefremden“ Tätigkeiten und übernehmen die gesamte Logistik der Verpflegung der Patienten: Sie befüllen die Wägen in der Küche, bringen die Tabletts zum Patienten, transportieren die Tabletts mit dem Geschirr wieder mit den Essenswägen in die Küche und erledigen den Getränkeservice für die Patienten (z. B. Auswechseln der Teekannen). Sie übernehmen die Rollcontainer, die vom Logistikzentrum angeliefert werden, und versorgen die Stationen mit den jeweiligen Artikeln. Sie helfen bei der Aufnahme der Patienten in die Patientenzimmer, indem sie ihnen zum Beispiel den Tagesablauf erklären oder wie man Bett- und Rufanlage bedient. Und sie versorgen beispielsweise Blumen, die Patienten bekommen. Servicekräfte übernehmen auch Reinigungsarbeiten wie das Säubern der Nachtkästen.

 

Pilothaus Tulln


Das Universitätsklinikum Tulln arbeitet seit 2011 mit Servicekräften.  Von Montag bis Sonntag sind immer die gleichen Personen auf einer Station eingeteilt. Meistens sind dies drei Mitarbeiterinnen, die organisatorisch zum Stationsteam gehören und ebenso wie alle Pflegekräfte an Teamgesprächen teilnehmen oder Mitarbeitergespräche mit der Stationsleitung führen. Pflegedirektorin DGKS Eva Kainz, MSc, sagt: „Das Feedback ist sehr gut und die Zufriedenheit unseres Personals und der Servicekräfte ist sehr hoch.“ Mittlerweile sind Servicekräfte in fast allen Bereichen des Universitätsklinikums eingesetzt.